Rigaer im Wandel [ein Update]

Die Rigaer 25/26 wird saniert. Die beiden Häuser gegenüber vom Fischladen sind eher Sanierungsnachzügler im Kiez und haben noch Ofenheizung. Bewohnt werden sie noch von einer bunten Mischung von Menschen mit eher bescheidenen Einkommen. Wer wird nach einer Sanierung noch die Mieten bezahlen können? Und was für Mieten wird der Eigentümer bei den freigewordenen Wohnungen nehmen?
Das ist nur ein Beispiel von vielen. Wobei die BewohnerInnen der Häuser, die früh saniert wurden heute Glück haben, weil die VermieterInnen vor ein paar Jahren noch keine Phantasiepreise für Neuvermietungen verlangen konnten. Das ist aber noch längst nicht alles. Läuft man von der Proskauer Str. zur Liebigstr., befindet sich links eine riesige Brachfläche. Hier sind zwei Bauprojekte geplant, die die Entwicklung noch beschleunigen dürften. Etwas Werbung gefällig?

„Green Village“ ist ein Wohnensemble, das so individuell ist wie der Kiez selbst. Im Herzen des pulsierenden Stadtteils Friedrichshain werden 142 zeitgemäße Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von rund 13.000 Quadratmetern realisiert. Das Objekt verbindet wohlerhaltene Altbausubstanz mit dem Neubau von acht Mehrfamilienhäusern. Die Gebäude sind mäanderförmig angeordnet, sodass zwei großzügige, sich nach außen öffnende Höfe entstehen. Jedes Haus glänzt durch seine individuelle Fassadengestaltung und trägt somit zum vielseitigen Flair des sogenannten Nord-Kiezes bei.“ http://sanus-ag.de/aktuelle_projekte_4_detail.html

Oder:

Der Riga Park in der Rigaer Straße 22 liegt in zentralster Lage, nördlich der Fankfurter Allee im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. In unmittelbarer Nähe befinden sich Boxhagener Platz und Simon-Dach-Strasse, die mit ihren Cafés, Restaurants und Geschäften das beliebte Zentrum des Stadtteils ausmachen.
Die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist optimal. Zahlreiche Kindergärten, Schulen und Spielplätze befinden sich in der Nähe. Die Bezirke Mitte, Kreuzberg und Prenzlauer Berg sind in wenigen Minuten erreichbar. http://www.smarthoming.de/ri22/ri22_lage.html

Klingt spitzenmässig. Möchte man glatt einziehen. Dumm nur, dass der Wohnungsbau in Berlin nur für Leute mit gutgefülltem Konto funktioniert und alle anderen sich gefälligst an den Stadtrand zu verpissen haben. In der Rigaer nicht ganz alle, denn mit den legalisierten ehemals besetzten Häusern bleiben Inseln mit bezahlbarem Wohnraum erhalten. Inseln, die aber ihr Umfeld verlieren und auch nicht offen für alle sind – viele (ehemalige) FriedrichshainerInnen möchten so einfach nicht wohnen und selbst wenn sie wollten, wäre die Mehrheit nicht in subkulturelle Netzwerke eingebunden, die den Zugang einfacher machen. Und selbst wenn – der Platz ist begrenzt. Hinzu kommt, dass die meisten übriggebliebenen ehemals besetzten Häuser mittlerweile sicher legalisiert sind – über die SOG oder andere Genossenschaften oder das Mietshäusersyndikat gekauft – aber eben nicht alle. Die Rigaer 94 zum Beispiel ist nach wie vor von Suitbert Beulker bedroht, der schon die Liebig 14 hat räumen lassen. Oder die Liebig 34, wo das Ende des Pachtvertrages auch näher rückt.

Aber Lärm entsteht im Aufwertungsalltag eher selten. Meist wird still und leise saniert, die Miete erhöht, verdrängt und rausgeekelt.. Meist. Aber nicht alle verschwinden still und leise. Zum Beispiel in der Palisadenstr. wo RentnerInnen sich nicht raussanieren lassen wollen und unter anderem einen Blog betreiben. Das Beispiel vom Kotti scheint Schule zu machen und es wird ja auch langsam Zeit.

Aber zurück zur Rigaer und die ist ja im Wandel, was ich nicht gut finde. Irgendwer hat mir letztens gesagt, ich wäre ein konservativer linker Spießer, weil ich wollen würde, das alles so bleibt wie es ist. Ich möchte das zurückweisen! Ich mag zwar Kachelöfen aber ich hasse Kohlenschleppen. Außentoiletten sind im Winter auch nicht so prall. Energetische Sanierung, sparsamer Energieverbrauch, ganz ökologisch und so – immer her damit! Noch schlimmer als Kohlenschleppen, Außentoiletten und das Weltall heizen finde ich aber teure Mieten und das nicht nur, weil so viele Bekannte wegziehen müssen (wenn sie nicht schon weggezogen sind), sondern ganz grundsätzlich. Weil es zum Kotzen ist, wenn irgendwer mit dem Grundbedürfnis Wohnraum Geld verdient, finde ich, daß der Wohnraum sozialisiert werden muss. Grade auch neugebaute Lofts könnten dann an diejenigen abgegeben werden, die sie am nötigsten brauchen – die, die keine Wohnung mehr bekommen. Was allerdings nicht kapitalismuskompatibel, gänzlich unrealistisch, ja revolutionär ist. Die Veränderung! Der wirkliche Wandel! Ich gebe den Vorwurf konservativ zu sein gern an den Betreffenden zurück: Du willst, daß alles so bleibt wie es ist. Nur viel extremer, viel ekliger, viel schlimmer!

Die Demo am 22. wird das Problem auch nicht lösen, nicht alleine jedenfalls. Aber es wird gut tun mit vielen Leuten auf der Straße zu sein und hoffentlich schwappt was zurück in die Kieze. Der Rigaer würde es gut tun.
http://wirbleibenalle.org/