Höcke ist ein Wessi! (Mut zur Wahrheit)

Da kann Höcke Simson fahren wie er will. Er bleibt ein Wessi, der den Ostlern neue alte Wahrheiten verkaufen will wie andere vor ihm kaputte Westautos. Deprimierend ist, dass seine Ostler-Maskerade anscheinend gut ankommt und sich die Arschlöcher für Deutschland mit “Ost, Ost, Ostdeutschland!” – Rufen feiern lassen können. Und niemand lacht sie aus! Meine Freunde überall in diesen Landstrichen haben stattdessen Sorgenfalten auf der Stirn. Was kommt nach den Wahlen?
Wie und warum der Scheiss funktioniert, hat David Begrich in der Zeit aufgeschrieben. Ich habe auf meinem letzten Album versucht, die emanzipatorischen Ideen der DDR-Opposition (die ja großenteils die DDR-Version dessen, was man im Westen “Neue soziale Bewegungen” nannte, war) der Anbiederei an ostdeutsche Identitäten entgegenzustellen. Ich fürchte, daß das Lied ein paar Jahre zu spät kommt, dass das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Ich wünsche mir trotzdem, dass es ein wenig hilft, es jetzt mal ein bisschen hervorzuholen:

Wendepunkt NULL (Mut zur Wahrheit!)

Höcke ist ein Wessi
Gauland ist ein Wessi
Storch ist ein Wessi
Maier ist ein Wessi

und die Weidel wohnt in der Schweiz
das macht ja nüscht, was soll der Geiz
Wessiswessiswessis labern mich voll
mit vollendediewende und ich denke na toll!
Wessiswessiswessis laberbern mich voll, labern mich voll
labern mich voll, labern mich voll!

Na gut, der Chrupalla
ist aus der DDR
das hilft am Ende auch nicht mehr
erzählt mir nüscht von irgendwas mit vollende
komplettem Nonsense zu irgendeiner Wende
im Nebelmix mit Größenwahn
mit 200 Sachen auf des Führers Autobahn
mit 200 Sachen hinein ins Verderben
(jedenfalls für alle, die nüscht erben)
aber in der Hoffnung euch ein bisschen zu quälen
werd ich euch jetzt mal was schönes erzählen:

Es ist immer schön die Dokumente der DDR-Opposition im Original zu lesen. Und extra für Sie, liebe Arschlöcher für Deutschland habe ich ein besonders schönes Exemplar herausgesucht.Keine Angst, nicht von der Vereinigten Linken. Da wär es ja klar, worauf es hinausläuft und es wäre auch zu einfach. Auch nicht vom neuen Forum, der Initiative für Frieden und Menschenrechte, dem UFV oder so. Schon gar nicht von der Umweltbibliothek oder aus der KvU. Nein, nein. Stattdessen ein Manifest des “Demokratischen Aufbruchs” vom 1. Oktober 1989. Der DA sollte ja dann so etwas wie der rechte Flügel der DDR – Opposition werden und in der ekelhaften CDU der frühen 90er Jahre aufgehen. Aber grade das… macht die zeitlose Schönheit dieses Dokuments aus! Here we go!

“Wir brechen auf zu einer neuen Solidarität in der Gesellschaft! Zu einer ehrlichen, sozialen Politik, die die erklärten Prinzipien unserer Gesellschaft bejaht, aber gerade deshalb die entstandenen Ungleichheiten, Privilegien, Sozialkonflikte und Härten mit aller Deutlichkeit bewusst macht, um gerechtere Zustände herbeizuführen. Wir nennen die Benachteiligung der Menschen in den Sozialberufen, die zynische Behandlung der Rentner und alten Menschen, die Verdrängung von Randgruppen aus der Gesellschaft und vielfältige Formen von Benachteiligung.
Wir brechen als mündige Menschen auf zur Umgestaltung dieser Gesellschaft. Das, was bis jetzt praktiziert wurde, recht nicht mehr aus! Das bisherige Konzept wird den Problemen und den Menschen nicht mehr gerecht, so dass sich gerade junge Menschen enttäuscht und verbittert von diesem Land abwenden und es verlassen. Die bisherigen Worte, Programme und Phrasen sind ausgehöhlt und verbraucht! Wir fordern Euch auf: Lasst uns gemeinsame Schritte zu einer menschenwürdigen, bejahenswürdigen, Umgestaltung der Gesellschaft zu gehen: demokratisch, ökologisch, sozial, antifaschistisch, gewaltlos.”

Höcke bleibt ein Wessi
Gauland bleibt ein Wessi
Storch bleibt ein Wessi
Maier bleibt ein Wessi

und die Weidel wohnt in der Schweiz
das macht ja nüscht, was soll der Geiz
Wessiswessiswessis labern mich voll
mit vollendediewende und ich denke na toll!

Vollende die Wende? Meinetwegen.
da muss ich gar nicht lang überlegen!
und rufe freudig, warum nicht?
ein Sozialismus mit ökologischem Gesicht!
mit wichtigen Besonderheiten
wie der Beachtung der Rechte von Minderheiten

basisdemokratisch wie vorher nie
also praktisch schon fast die Anarchie!
voll Glück und Stolz rufe ich frank und frei:
WENDE zweinull – ICH BIN DABEI!

Nachtrag zum Lied:

Es gibt so viele Meiers, Meyers, Maiers. Gemeint ist hier natürlich Jens Maier: https://de.wikipedia.org/wiki/Jens_Maier
Der zitierte Text ist hier zu finden: https://www.ddr-im-blick.de/jahrgaenge/jahrgang-1989/report/verhinderung-der-gruendung-des-demokratischen-aufbruchs-1/

Zwei Texte, die damit zu tun haben:
http://geigerzaehler.info/2021/12/14/zuruck-nach-utopia/
http://geigerzaehler.info/2023/10/06/hollengeschichten/

Credits: from KAPUTT und die Hoffnung, released February 23, 2024 (Bandcamp oder Spotify)
– Kontrabass, Klavier, Hans (Popstar aus 14806 “Bad” Belzig)
– Waschbrett und Manifest: Sahara B
– Backing Vocals: Sahara B, Hanz (popstar…), Robert, Penny Crémant aka Kiki & Marius

Nachtrag zum Thema:

Es fällt mir ein bisschen schwer, Wahlempfehlungen zu geben. Als Anarchist habe ich das Wählengehen immer als Legitimation eines Gesellschaftssystems gesehen, das Mitbestimmung vorspiegelt, alle wichtigen Entscheidungen jedoch schon durch kapitalistischen “Sachzwang” entschieden hat (das lag auch nahe in der Schröder-Ära!). Ich habe damals sogar Anti-Wahlplakate geklebt. Angesichts des Aufstiegs dieser sogenannten “Alternative” halte ich das jedoch für wenig zielführend und versuche mal etwas wie die CNT 1936: Ich empfehle nicht, nicht wählen zu gehen (bei den Wahlen in Spanien hat das einen Unterschied gemacht – ich bin aber auch nur ein kleiner Musiker, keine große Gewerkschaft…).
Nichtsdestotrotz denke ich, dass die Wahlergebnisse nur Symptom eines tieferen Problems sind – kurz gefasst einer rechten Landnahme bei linkem Terrainverlust auf vielen Ebenen des Alltags. Symptomatisch dafür eine Szene auf dem Kornmarkt in Budyšin/Bautzen, wo ich mir aus aus sicherer Entfernung und mit verschränkten Armen die rechte “Montagskundgebung” angetan habe. Was da kam, waren ziemlich großen Teil die alltäglichen Probleme und Sorgen alltäglicher Leute (Kindergartenplätze, Schulessen, der Weltfrieden… vieles was auch auf einer linken Kundgebung in Berlin zur Sprache kommen könnte), die aber allein durch den Ort des Vortrags rechts geframt waren. Die rechte Kundgebung als Beschwerdemülleimer für fast alle Themen. Ich finde, plastischer kann man die Niederlage nicht beschreiben!
Wir müssen uns fragen, wie das passieren konnte und wie wir das Blatt wieder wenden können. Hätte ich einfache Rezepte, würde ich laut HIER schreien, mir fällt aber vorerst auch nichts besserers ein, als weiterzumachen. Z.B. nicht aufzuhören, in sächsischen Kleinstädten zu spielen. In eben jenem Budyšin/Bautzen etwa, dieser Stadt in der 700 Faschos den lokalen CSD bedroht haben und schwarze Sorbinnen* sagen:

“Es ist sehr schade, weil Bautzen auch unsere Heimat ist und wie hier unsere Freunde haben. Ich würde jedoch nie sagen, dass Bautzen eine Wohlfühlzone ist. Leider sind wir nicht mehr gern hier.”

In genau diesem Budyšin/Bautzen (und allen anderen ostdeutschen Kleinstädten in die mich mein Getoure geführt hat), gibt es trotz Allem auch eine ganze Menge tolle Leute, die dem Desaster mit großem Einsatz etwas entgegensetzen. Wenn ich mich mit ihnen unterhalte, weiss ich, dass es nicht die Zeit ist, den Kopf in den Sand zu stecken! Wenn wir diesen Leuten zuhören und sie unterstützen, ist das schon mal ein ganz guter Anfang (also wenigstens was und die Bedingung für alles Weitere). Für sie zu spielen ist mir auch persönlich sehr wichtig!

Ich freue mich sehr auf das Konzert am 24. 8. im Tagwerk!

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