Zwickau und der Alltag in (ost)deutschen Kleinstädten

Daß diese Nazi-Mördertruppe „NSU“ in dieser Form möglich wurde, hat viel mit der Alltagsrealität in vielen kleinen Städten nicht nur in Ostdeutschland zu tun. Aus Angst vor Imageverlust aber auch weil sich so mancher Politiker den ach so normalen Faschojugendlichen näher zu fühlen scheint als irgendwelchen dahergelaufenen Alternativen, Linken oder Punks. So entsteht eine Atmosphäre des Vertuschens und Verschweigens und wir können einenen aufgescheuchten Hühnerhaufen beobachten, wenn das Ausmaß an Bedrohungen und Einschüchterungen seitens der Neonazis ans Tageslicht kommt. Nicht selten werden dann auch die Opfer zu Tätern gemacht, wie letztes Frühjahr in Limbach-Oberfrohna, einem Städtchen nicht weit weg vom schönen Zwickau.
Es gibt aber auch alternative und linke Jugendliche und Erwachsene in der Region, die seit Jahren darum kämpfen, der rechten Hegemonie eigene Treffpunkte abzutrotzen, die den Alltag wesentlich erträglicher machen und die eine Ausgangsbasis wären. In Limbach-Oberfroha ist das „Soziale und Politische Bildungsvereinigung L.-O. e.V.“, Zwickau der „Rote Baum e.V.“. Beide setzen sich für alternative Jugendzentren in ihren Städten ein und auf beiden Blogs finden sich aufschlussreiche Texte zur lokalen Situation:

Jaja, die Sorge der Ober­häup­ter um den guten Ruf ihrer Stadt ist auch dem »Baum­haus« ein sehr be­kann­tes Ar­gu­ment. Zu­letzt wurde mit des­sen Hilfe jede wei­te­re Ver­hand­lung hin­sicht­lich eines AJZ in Zwi­ckau ab­ge­bro­chen, denn linke Ju­gend­li­che be­zie­hungs­wei­se An­ti­fa­schis­ten, die seit Jah­ren die Na­zi­pro­ble­ma­tik the­ma­ti­sie­ren, gel­ten in Zwi­ckau als Nest­be­schmut­zer und scha­den dem guten Ruf der Stadt.
Wenn aber ur­plötz­lich eine Na­zi-​Ter­ror-​Grup­pe unter der Be­zeich­nung »Zwi­ckau­er Zelle« in den bun­des­wei­ten Me­di­en auf­taucht, herrscht im Rat­haus hek­ti­sche Be­trieb­sam­keit und die Be­völ­ke­rung wird zur Ret­tung ihres Image auf die Stra­ße ge­be­ten. Doch lei­der ist zu be­fürch­ten, dass spä­tes­tens, wenn das Rau­schen im Blät­ter­wald ver­klun­gen ist, in die­ser Stadt wie­der zum üb­li­chen Ta­ges­ge­schäft über­ge­gan­gen wird. Was in Zwi­ckau so üb­lich ist, lässt sich zum Bei­spiel an­hand einer Chro­nik von Na­zi-​Ak­ti­vi­tä­ten ab­le­sen. Quelle

…schreiben zum Beispiel die Zwickauer_innen. Von Berlin und den anderen größeren Städten gilt es weiterhin die Leute vor ort zu unterstützen. Es macht Sinn, hinzufahren und ganz persönlich klarzustellen, dass die Leute dort nicht allein sind, und das icht nur wenn eine Demo angesagt ist. Fehlt dazu die Zeit, kann man ja auch ne Soliparty veranstalten oder einfach so Geld Spenden.
An dieser Stelle will ich noch mal auf einen Aufruf der FAU OST verweisen.

Hinfahren ist aber auch nicht schlecht, denn die, die es in solchen Städten aushalten sind meist sehr angenehme Leute. Mit Berlinska Droha waren wir letztens da – hier zwei Videos mit unserem Kumpel Daniel von Bukahara an der Geige: