17. Juni

Heute Mittag am Strausberger Platz: Auf der einen Straßenseite stehen 30 Nazis von der NPD mit Deutschland- und Berlin – Fahnen und plärren ihre Propagenda in eine eher schlechte Anlage. Auf der anderen Straßenseite sind ungefähr 300 Gegendemonstranten – ein bunt gemischter Haufen. Am Kreisverkehr steht die SPD und die IG BAU, ein paar Meter daneben haben sich Leute aus dem autonomen Spektrum versammelt. Dazwischen auch DKP und Linksparteifahnen. Auf der Karl Marx Allee rollt der Autoverkehr, wenn auch auf weniger Spuren. Die vielen Wannen müssen ja auch irgendwo herumstehen. Laut Indymedia sind 400 Beamte im Einsatz und die haben die Situation vollkommen unter Kontrolle. Also nichts mit „blutigen Nasen“, die ich den Nazis gestern noch gewünscht hab.
Der NPD – Lauti spielt das Deutschlandlied, auf unserer Seite ertönt die Internationale. Jedesmal wenn der NPD Propagandaheinz anfängt zu sprechen, gibt es ein gellendes Pfeifkonzert und die üblichen Sprechchöre. Und auch ansonsten nichts besonderes: rumstehen, rufen und ärgern, dass man nicht mehr machen kann. Trotzdem gut daß die NPD ihre Vereinnahmung des Arbeiteraufstandes vom 17. Juni nicht unwidersprochen in der Gegend herumplärren kann.

„Arbeiteraufstand“ schreibe ich da. „Faschistische Provokation, von westlichen Agenten gesteuert“ schrieb die DDR-Geschichtsschreibung. Und der Westen selbst? Der machte den Tag gleich zum „Tag der deutschen Einheit“ und bis 1990 war der 17 Juni sogar Feiertag. Über die „Straße des 17. Juni“ fährt man ja heute noch öfter mal, wenn man in Berlin wohnt. Was ist denn nun wahr? – fragt man sich dann.
In der (radikalen) Linken gab es durchaus mal Diskussionen und Texte darüber. In guter Erinnerung ist mir eine Broschüre des rätekommunistischen Skinhead-Fanzines „Revolution Times“ geblieben. Die gibts leider nur zum Teil im Netz. Auch bei labournet gab es vor ein paar Jahren mal eine kleine Sammlung von Texten zum Thema, das während der Hartz4 – Proteste zum Diskussionsgegenstand wurde.
Das wars für heute. Gleich fängt ja auch der 18. Juni an und da is die Gegenwart wichtiger! Ich hoffe die MieterInnendemo wird fett! Aber was die Vergangenheit betrifft denke ich, daß die Geschichtsschreibung nicht den Arschlöchern überlassen werden sollte.

Noch ein Bericht zur Nazikundgebung und dern Gegenaktivitäten bei der Antifa Friedrichshain