Das Schöne und die Scheiße (Cottbus/Chóśebuz, Potsdam und das Grenzregime)

So eine Scheiße. Da gibt man sich Mühe, Konzerte für KollegInnen von „Ludzi Na Bałocie“ aus Belarus zu organisieren und was dann? Irgendein Scheiß – Konsulat gibt denen kein verfluchtes Visum. Das heißt: Konzert am Sonnabend im Fischladen fällt aus, und auf der Potsdamer Matinee spielt Berlinska Dróha allein. Plakat gibts trotzdem – leider ohne KollegInnen:

Zwei Tage vorher spielen wir am Rande, des „Festivals des Osteuropäischen Films“ in Cottbus/Chóśebuz. Die VeranstalterInnen haben sich einen charmanten Werbetext einfallen lassen:

Das Duo Berlinska Dróha lässt sich in keine Schublade stecken: Die beiden mixen sorbischen Folk mit Punk, Polka und Percussion und erzählen in ihren deutschen wie sorbischen Liedern zerbrechlich-leise bis rotzfrech-laut von Herzblockaden, Konsumwahn und Räumungsopfern. Wenn dann später am Abend aus dem Zappeln wilder Pogo wird, liegt das an Čorna Krušwa und ihrem turbobluesigen Punkrock. Das ŁUŽYCA ROCKS-Ticket gilt für beide Clubs (LaCasa/Scandale). Die Bands spielen zeitversetzt. Weitere Infos: www.scandalecottbus.de

Apropos charmante Texte: In der „Jungle World“ stand letztens auch einer:

[…]Während der Sound von Berlinska Dróha im Allgemeinen eher filigran ist, präsentieren sie sich auf diesem Album, unterstützt von Čorna Krušwa, deutlich druckvoller. Es ist ihre bislang poppigste, aber auch punkrockigste Platte. Bei »Zacin durje« ist es, als sänge Poly Styrene sorbisch, »Crisis« ist eine richtig punkige New-Wave-Nummer, »Jenož tebje dla« ein Rocksteady-Ausflug, »Steinherz« ist Punk mit Geige und Klavier und mit »Druck« erinnert ein Song an die ruhigeren Momente von Ton Steine Scherben. Die Platte klingt im besten Sinn nach 1979, als Punk noch alles sein konnte […]

…heißt es da zum Beispiel. Nur so als Vorgeschmack auf unsere die Tage endlich und tatsächlich erscheinende Mini – LP.

Aber von den schönen Dingen zurück in die Scheiße. Diese Visaverweigerung ist ja nur ein kleiner weiterer Grund, das EU -Grenzregime zum Kotzen zu finden. Jede verdammte Ware passiert mühelos jede beschissene Grenze (es sei denn, die EU hat mal wieder ein paar Sanktionen gegen Putin verhängt und Putin hat zurücksanktioniert). Die Menschen sollen gefälligst zu Hause bleiben, vor allem wenn sie kein Geld haben. Tausende Flüchtende ertrinken im Mittelmeer und die, die es trotzdem geschafft haben, werden in Heime gepfercht, in denen das Leben schwer und die Suizidrate hoch ist. Zudem sind sie Projektionsfläche deutscher Nationalisten, was das Leben in Kleinstädten wie zum Beispiel Bautzen/Budyšin auch nicht grade heimeliger macht (dankenswerterweise gibts auch Gegenaktivitäten).
Wehren sich Geflüchtete, werden sie von der Politik mit Versprechungen und Vereinbarungen abgespeist, die dann nicht eingehalten werden. So geschehen mit den Leuten vom Oranienplatz und der Schule in der Ohlauer Straße. In einem Aufruf, des „Bündnis Zwangsräumung verhindern“, der mitterweile von vielen AnwohnerInnen, Initiativen und KollegInnen unterschrieben wurde heißt es:

Ende Juni 2014 gab es eine 10tägige Belagerung der Geflüchteten in der Gerhart-Hauptmann-Schule. Nach langen Verhandlungen und viel Solidarität aus der Nachbarschaft kam es schließlich zu einer Einigung zwischen Bezirk und Geflüchteten, dass die Geflüchteten in der Schule bleiben können.

Nun, 4 Monate später, hat der Bezirk durch seine Bürgermeisterin Monika Herrmann eine Kündigung zum 31.10.2014 geschickt. Alle Geflüchteten sollen auf die Straße gesetzt werden. So viel sind die Versprechen der Grünen wert. Anstatt Henkel und den Verantwortlichen im Land auf den Pelz zu rücken und Henkels Büro zu besetzen, geben die Kreuzberger Bezirkspolitiker_innen den Druck nach unten weiter.

Sie reden von Recht und Gesetz, brechen aber alle Vereinbarungen, die sie mit den Refugees eingegangen sind, am Oranienplatz mit Kolat oder in der Schule mit Herrmann!

Wir fordern die Bezirkspolitik dazu auf, ihr Wort zu halten und erklären hiermit, dass wir uns einer Räumung der Schule am Tag X entgegen stellen werden.

Genau!

Zum Schluss noch etwas anderes, das grade ebenfalls wichtig ist, auch wenn viele Zeitungen gegen die GDL hetzen als hätte sie jemand gleichgeschaltet und es für BahnfahrerInnen wie mich manchmal anstrengend ist: