Habe es tatsächlich geschafft, mein uraltes Album von 2008 hochzuladen. Am 7. 3. im Drugstore in Schöneberg released. Damals, als ich gerade diese neue 5-saitige Geigenbratsche entdeckt hatte. Manches würde ich heute anders spielen und aufnehmen aber einige Lieder sind bisweilen unangenehm aktuell geblieben. Hört selbst:
Ich mache ein kleines Re-Releasekonzert und zwar am 25. 1. in der Baiz im Prenzlauer Berg. Ankündigungstext:
Ach, was waren das für Zeiten. Als wir noch jung und hübsch waren und Putin lupenreiner Demokrat. 2008 war auch nicht alles in Ordnung! Auch bei den Linken von gestern nicht. Irgendwo dazwischen irrte der junge Musiker, oft arbeitslose Gelegenheitsarbeiter und Aktivist Paul Geigerzähler herum und suchte verzweifelnd und doch voller Hoffnung Sinn und Perspektive. Das bot Stoff für mal (selbst)kritische, mal sarkastische und wütende Texte zu punkiger Geige. Einige Texte aus dem kürzlich auf Bandcamp re-releasten Album sind auf erschreckende Weise aktuell geblieben, der Titelsong “Revolutionsmusik” hängt immer noch in manchem Ohr. Grund genug, die Lieder mal wieder live zu spielen – als Erinnerung und Ausblick. Und als Reise auf dem Zeitstrahl zurück.
Vor einer Weile schrieb ich zu dem Album:
Vor einiger Zeit spielte ich im schönen Saarland. Und zwar in St. Ingbert, einer CDU – regierten, verschlafenen Stadt mit hübscher schwarz/roter Stadtfahne und einem der ältesten selbstverwalteten Jugendzentren Deutschlands.
War ein sehr nettes Konzert und was noch netter war, daß Lukas vom Soundkomplott anbot, das Konzert aufzunehmen und später abzumischen. So ist die CD Revolutionsmusik entstanden. Produziert und vertrieben hab ich sie zusammen mit Falling Down Records aus Münster. Die meisten Tonträger sind aber bei den Konzerten weg gegangen. Jellokid hat das Cover und das Plakat für die Releaseparty im Drugstore gemalt. Auch allen anderen Beteiligten hier noch mal einen weiteren (späten) Dank!
Das OX schrieb damals über mich:
Anarcho-syndikalistischer Liedermacher, der sich auf der Geige selbst begleitet –das klingt schwer nach Agit-Prop, die Politik im Lied ist aber lediglich Teil von Pauls Identität, so wie auch „Punkerliebe“, ein Cover seiner alten Band KÖTERKACKE, die trotz des Namens eine der wenigen ernstzunehmenden Berliner Deutschpunk-Bands war, oder „Drugstore“, ein Lied über das gleichnamige selbstverwaltete Jugendzentrum in Berlin.
Natürlich steht Paul auch in der Tradition der Liedermacher der 60er und 70er Jahre, wie er auch von den 20er Jahren beeinflusst ist. Zum Beispiel von Claire Waldoff, Brecht/Weill und Ernst Busch, wobei Paul aber strikt antikommunistisch bleibt.
Die Texte sind unprätentiös und der Tonfall der Geige kann sehr stechend werden. Einige der 19 Lieder werden an der Schwelle zum Folk ein wenig weicher. Diesen Weg beschreitet Paul Geigerzähler aber eher mit BERLINSKA DRÓHA weiter, einem sorbischsprachigen Duo.
Letztlich hat der GEIGERZÄHLER die Zeichen der Zeit erkannt. Die Zukunft liegt unabhängig von den Traditionen, denen er sich verpflichtet fühlt, bei akustischen Solo-Auftritten.
In der Direkten Aktion gab es auch ein Review:
Rock mit Punk-Einflüssen, irgendwo zwischen Klaus dem Geiger und Rio Reiser. Diesen Eindruck erweckt die neue CD Revolutionsmusik. Paul der Geigerzähler ist ein Geheimtipp, weil er (noch) subkulturell unterwegs ist: Solo mit Geige und Gesang, unplugged, manchmal auch mit musikalischer Verstärkung, bewegt er sich eigenen Aussagen nach „im Dunstkreis der Trümmer der HausbesetzerInnen-Bewegung“, auf Veranstaltungen von Gewerkschaftern und AnarchistInnen sowie bei diversen Demonstration.
Die CD startet mit dem Titelsong „Revolutionsmusik“, in dem Paul seine Punk-Attitüde formuliert: Hartz IV, kein Geld, keine Zukunft? „Egal, heut find ich es schick.“ Sämtliche Songs bewegen sich zwischen Privatem und Politischem. Zu den Agit-Songs zählen „Deine Firma“, das Erich-Mühsam-Cover „Lumpenlieder“, „Truppen von Morgen“ und eine äußerst individuelle Fassung des anarchistischen Klassikers „A las barricadas“. Schnell wird klar: Paul ist nicht irgendwie links, sondern libertär und gewerkschaftlich orientiert. Bei „Drugstore“, „Herzkerker“ und dem sehr persönlichen Titel „Punkerliebe“ spielt die Agitation hingegen keine Rolle: Es geht um Erfahrungen und Erinnerungen mit einer Spur Nostalgie. Zeitweise mag der Eindruck eines jammernden Punkers entstehen, doch Paul besticht mit humorvoller und sarkastischer Pointierung.
Revolutionsmusik ist eine runde Sache mit satten 19 Liedern, die ohne Ausnahme gute Textarbeit und Authentizität vorweisen. Zu bemängeln ist nur die einseitige Instrumentierung. Alle 19 Lieder bestehen aus Geige und Gesang. Eine Unterstützung durch Bass und Percussion wie bei älteren Aufnahmen hätte die CD nicht nur abwechslungreicher gemacht, sondern auch einige Texte besser zur Geltung bringen können.
Da waren noch ein paar mehr Rezensionen, aber die hab ich vergessen (oder sie sind versunken in der Zeit). Jetzt beim Hören ob auch alles da ist (gab ein paar Probleme mit der Datenübertragung) fand ich es gar nicht so schlecht, wie ich die letzten Jahre dachte 🙂